Beton in Bestform - Cemex DE

Beton in Bestform

Beton in Bestform

Ob Schulen, Hotels oder Bahnhöfe – das Berliner Architekturbüro Grüntuch-Ernst arbeitet im Bestand, entwirft aber auch spannende Neubauten wie aktuell ein Bürohaus mit begehbarem Dachpark. Im Zentrum steht für die Gründer Almut Grüntuch-Ernst und Armand Grüntuch dabei ein enger Bezug zur Natur und zur Umgebung.

Almut Grüntuch-Ernst und Armand Grüntuch entwerfen nicht nur für Andere. Die Architekten leben und arbeiten auch in einem Haus, das sie selbst gestaltet haben. In der Auguststraße in Berlin-Mitte bezogen sie 2007 gemeinsam mit anderen Mitgliedern der Baugruppe ein Haus, das ihren  Vorstellungen von der Verbindung aus Arbeit und Wohnen entspricht. Von dort aus betreuen sie mit rund 50 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Projekte in Deutschland und Europa. Gleich um die Ecke: die ehemalige Jüdische Mädchenschule, die Grüntuch Ernst Architekten 2012 zu einem Kulturort umgestalteten. Mit dem Hotel Wilmina in Berlin Charlottenburg stellten sie 2022 den preisgekrönten Umbau eines ehemaligen Frauengefängnisses fertig. Als skulpturaler Neubau aus Beton von CEMEX entstand die Deutsche Schule in Madrid. Neben ihrer praktischen Arbeit bildet Almut Grüntuch-Ernst als Leiterin des Instituts für Entwerfen und Gebäudelehre (IDAS) an der Universität Braunschweig den Architekten-Nachwuchs aus.

Kontakt

CEMEX Deutschland AG
Alexandra Decker
Manager Public Affairs
alexandra.decker@cemex.com

Almut Grüntuch-Ernst und Armand Grüntuch haben 1991 das gemeinsame Architekturbüro Grüntuch Ernst Architekten in Berlin gegründet. Foto: © Patricia Parinejad

Sie arbeiten viel im Bestand, sei es beim Bahnhof Chemnitz oder im Hotel Wilmina in Berlin. Was ist einfacher: Neubau oder Umbau?

Almut Grüntuch-Ernst: Obgleich unsere Bestandsprojekte, besonders das Wilmina, gerade viel durch die Presse gehen; planen wir auch viele Neubauten. Die Deutsche Schule in Madrid ist eine vielschichtige Betonskulptur. In der Berliner Darwinstraße ist jetzt ein Bürogebäude im Rohbau fertig mit einem begehbaren Dachpark. Aber es ist etwas anderes, ob man auf dem weißen Papier oder einem freien Grundstück anfängt und nicht mit vorhandenen Identitäten umgehen muss, die schon an dem Ort sind. Bestand ist immer eine Ressource beim Bauen, sowohl materiell als auch kulturell; daher muss man viel dialogischer arbeiten. Das ist manchmal anstrengender und überraschender, weil es nicht in einem Guss fertig konzipiert sein kann, weil man sich mit dem Vorhandenen auseinandersetzen muss.

Armand Grüntuch: Gerade bei charaktervollen Bestandsgebäuden hat man eine Position vor sich und kann dazu eine Haltung entwickeln. Bei einem reinen Neubau führt man eher einen Monolog, wobei natürlich auch der Neubau auf die Umgebung reagiert. Ich finde einen Neubau daher herausfordernder.

Almut Grüntuch-Ernst: Bestand ist auch nicht Bestand. Es gibt geerbtes Glück wie in einem alten Industrieloft, das bereits seinen Charme hat und in der Neuprogrammierung gut angenommen wird. Es gibt aber auch Gebäude, die man eher als ein echtes Problem bezeichnen würde. Diese verlorene emotionale Bindung wiederherzustellen und in etwas Positives zu drehen, ist auch sehr herausfordernd. 

Der umgebaute Bahnhof Chemnitz öffnet sich zur Stadt. Foto: © Jan Bitter
Der umgebaute Bahnhof Chemnitz öffnet sich zur Stadt. Foto: © Jan Bitter
Die Straßenbahnen können jetzt in das Gebäude hineinfahren. Foto: © Jan Bitter
Die Straßenbahnen können jetzt in das Gebäude hineinfahren. Foto: © Jan Bitter

Wie beim Bahnhof Chemnitz?

Armand Grüntuch: Genau, das ist so ein Beispiel. Die Hauptaufgabe bestand für uns darin, das Gebäude bis auf seine Grundstruktur freizulegen und ihm eine neue, zeitgemäße Identität zu geben. Zugleich sollte es einen Mehrwert für Reisende liefern mit Aufenthaltsflächen und einer Terrasse mit Blick auf die Stadt, zu der sich der Bahnhof öffnet. Wir arbeiten immer sehr ganzheitlich und beziehen das direkte Umfeld in unsere Planung ein.

Wir müssen in Innenstädten wieder mehr Vitalität und Biodiversität zulassen – für das Mikroklima und die Menschen.

Almut Grüntuch-Ernst
Architektin

Wie sieht Ihrer Ansicht nach die ideale Stadt aus?

Almut Grüntuch-Ernst: Als wir uns 2006 als Generalkommissare für die Architekturbiennale bewarben, hielten wir unsere Stadt-Vision unter dem Titel „Convertible City“ fest und machten im Pavillon den Wandel der gebauten Stadt deutlich. Dabei haben wir auch adressiert, über Nachverdichtung neue Qualitäten in die Stadt zu bringen. Das versuchen wir bei jedem Projekt. Beim Wilmina fanden wir steril zubetonierte Höfe vor, die wir komplett entsiegelt haben, um eine neue Gartenoase zu schaffen. Wir müssen in Innenstädten wieder mehr Vitalität und Biodiversität zulassen – für das Mikroklima und die Menschen.

Mit dem Hotel Wilmina haben Sie ein ehemaliges Gefängnis zu einem Hotel umgebaut, das Sie nun auch selbst betreiben. Woher kam die Idee?

Almut Grüntuch-Ernst: Wir hatten uns die landeseigene Liegenschaft mit einem Kaufinteressenten angesehen. Mit seinen dunklen Räumen und kleinen Schotten hatte es etwas Beklemmendes. Der Investor nahm schnell Abstand, während wir es immer spannender fanden. Die Geschichte des Ortes sollte auch nach dem Umbau spürbar bleiben, während wir die Gemütsschwere herausnehmen mussten.

Armand Grüntuch: Wir sind als Architekten gestartet und als Hotelbetreiber geendet. Das Risiko, dass ein Betreiber ein Konzept entwirft, das nicht funktioniert, war uns zu groß. Die Raumerfahrung ist sehr sinnlich, von den Materialien bis zum Essen. Um diese ganzheitliche Magie zu erzeugen, muss man die richtigen Komplizen finden, die mit einem an diesem Konzept arbeiten.

In Berlin-Charlottenburg verwandelten Grüntuch Ernst Architekten ein ehemaliges Frauengefängnis in ein Hotel. Foto: © Patricia Parinejad
In Berlin-Charlottenburg verwandelten Grüntuch Ernst Architekten ein ehemaliges Frauengefängnis in ein Hotel. Foto: © Patricia Parinejad
Im Hotel Wilmina treffen alte Gemäuer auf moderne Interventionen. Foto: © Grüntuch Ernst Architekten
Im Hotel Wilmina treffen alte Gemäuer auf moderne Interventionen. Foto: © Grüntuch Ernst Architekten
Mit dem grünen Innenhof ist im Wilmina eine Oase inmitten der Großstadt entstanden. Foto: © Patricia Parinejad

Ein Beispiel für Ihre Arbeit mit Beton ist die Deutsche Schule in Madrid.

Almut Grüntuch-Ernst: In diesem Schulbau können Kinder vom Kindergarten bis zum Abitur bleiben. Wir haben ihn in fünf Hofgebäude gegliedert. Als Verbindung dienen Betonskulpturdächer, die Schatten geben und eine ornamentale Rahmung zwischen den Häusern herstellen. Dadurch sind sie auch eine Hommage an den bauskulpturalen Baustoff Beton. 

Armand Grüntuch: Wir möchten die Menschen berühren und sind überzeugt, dass Architektur eine magische Kraft hat, Menschen zu beeinflussen. In Madrid, aber auch bei anderen Projekten wie einer Berliner Förderschule, haben wir gesehen, dass sich die Kinder stark mit dem Gebäude identifizieren und es zum Beispiel im Kunstunterricht oder auch nur aus Spaß zeichnen, mal sehr gegenständlich, mal sehr emotional.

Für ein spektakuläres Spiel aus Licht und Schatten sorgt das skulpturale Betondach der Deutschen Schule in Madrid. Foto: © Celia de Coca
Um den Innenhof gruppieren sich Kita, Grund- und Oberschule. Foto: © Celia de Coca
Um den Innenhof gruppieren sich Kita, Grund- und Oberschule. Foto: © Celia de Coca
Das Gebäude und die Außenflächen entstanden aus Betonen von CEMEX. Foto: © Celia de Coca
Das Gebäude und die Außenflächen entstanden aus Betonen von CEMEX. Foto: © Celia de Coca

Frau Grüntuch-Ernst, Sie leiten an der Uni Braunschweig das Institut für Entwerfen und Gebäudelehre (IDAS). Wie gelingt Ihnen der Spagat zwischen Lehre und Praxis?

Almut Grüntuch-Ernst: Der akademische Freiraum ist natürlich größer. Man hat nicht den Investorendruck und kann auch mal freiere Aufgaben erfinden. Das ist aber alles Vorarbeit, um die nächste Architektengeneration zu ertüchtigen mit dem, was sie brauchen werden. Nämlich nicht als Dienstleister zu warten, bis jemand etwas bestellt, sondern auch in der Rolle der Zukunftsgestalter proaktiver zu werden. Denn das wird die Transformation brauchen. Natürlich ist es toll, wenn sich Forschungsthemen mit der eigenen Praxis verbinden, wie es jetzt bei meinem Forschungsthema Hortitecture, also dem gestalterischen und konstruktiven Potenzial von Pflanzen in der Architektur, der Fall ist.

Armand Grüntuch: Ich sehe nicht so einen großen Unterschied zwischen akademischer und praktischer Arbeit. Wir arbeiten so ergebnisoffen, dass unsere Projekte diese experimentellen Züge der Universitätsarbeit haben. Zugleich macht es einen großen Unterschied, ob man auf dem Papier etwas produziert oder ob es wirklich entsteht, Menschen dort leben und arbeiten. Die Herausforderung der Umsetzung ist sehr viel größer.

Welche Kompetenzen brauchen Planerinnen und Planer künftig?

Almut Grüntuch-Ernst: Ein Teil unserer Aufgabe besteht sicher darin, den Nachwuchs für das Bauen im Bestand zu begeistern. Das bedeutet auch, genau hinzugucken, was daran schützenswert ist, sei es das Kulturelle, die reine Materialebene oder die Möglichkeit, Material zu transformieren. Dafür lohnt es sich, in der Baugeschichte zurückzugucken. Jede Generation legt eine Schicht in die Stadt. Architekten sind Teil dieses Wandlungsprozesses und sollten nicht davon ausgehen, den Idealzustand für eine ungewisse Zukunft zu kreieren. 

Armand Grüntuch: Wichtig ist auch, dass Architekten weiterhin Teil gesellschaftspolitischer Debatten sind. Schon heute sind sie oft Vermittler, wenn es zum Beispiel um Beteiligungsprozesse geht. Im Zuge einer zunehmenden Digitalisierung und Aufspaltung von Prozessen müssen sie sehen, wo sie bleiben. Aber es ist wichtig, dass sie weiterhin Bauprozesse verstehen und leiten können. 

Almut Grüntuch-Ernst: Komplementär zu dieser Digitalisierung gibt es eine wachsende Wertschätzung für alte Materialien. Das läuft letztlich auch darauf hinaus, dass wir weniger Sondermüll fabrizieren. Dieses Umdenken braucht die Universität ebenso wie die Leute vor Ort und die Bauindustrie. 

Noch im Bau befindet sich das Bürogebäude in der Berliner Darwinstraße mit einem großen Dachgarten. Foto: © Grüntuch Ernst Architekten

Wo reisen Sie hin, wenn Sie gute Architektur sehen möchten?

Armand Grüntuch: Ich finde Berlin einen spannenden Ort zum Leben und Arbeiten. Die Stadt ist wie ein Labor, es wird viel Architektur gezeigt und diskutiert und ich entdecke immer wieder neue Dinge und Inspirationen.

Die Verbindung von Natur und Architektur ist ein Schwerpunkt in der praktischen und akademischen Arbeit von Grüntuch Ernst Architekten. Foto: © Grüntuch Ernst Architekten

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